Wie macht der Job weniger Stress und mehr Freude?

Integrieren Sie Achtsamkeit in Ihren Arbeitsalltag!

Ergebnis einer Studie des DGB von 2019 zu den Auswirkungen von Achtsamkeit auf die tägliche Arbeit ist, dass sie dazu beiträgt, mit einem emotional fordernden Beruf besser umzugehen, emotionaler Erschöpfung vorzubeugen und insgesamt die Arbeitszufriedenheit zu erhöhen.

Aber was versteht man eigentlich unter Achtsamkeit am Arbeitsplatz und wie kann man sie selbst sinnvoll integrieren?
Dazu haben wir mit Katja Sima gesprochen. Sie ist faszinatour Seminarleiterin, systemische Business Coachin und Teamtrainerin mit Schwerpunkten auf Teamcoaching, Azubitraining, Stressmanagement- und Achtsamkeitstraining.

Hier die Interviewergebnisse in aller Kürze:

  • Gründe für Stress sind allgemeine Beschleunigung & Schnelllebigkeit sowie Mehrfachbelastung.
  • Stress ist nicht per se schädlich, aber er wird es, wenn er dauerhaft auftritt.
  • Auf Warnsignale achten, wie z. B. Kopfschmerzen, Schlafprobleme, Muskelverspannungen, Gedankenspiralen.
  • Die Folgen von Stress: europaweit wird geschätzt, dass 60% aller Fehlzeiten bei der Arbeit durch Stress entstehen.
  • Durch Achtsamkeit lassen sich Anzeichen von Stress früh wahrnehmen, sodass man gegensteuern kann.
  • Konkrete Tipps: Bewusst Pausen machen; den eigenen Atem beobachten; Klopfen des Vagus-Nervs (hinter dem Brustbein)

Lesen Sie nachfolgendend das ganze Interview mit wertvollen Praxistipps und Einblicken in Katja Simas Arbeitsweise (Lesezeit ca. 6 min):

Laut dieser Studie nimmt für jeden Dritten der Stress im Job zu. Katja, kannst du uns Gründe dafür nennen?

"Unsere Welt wird immer schnelllebiger und herausfordernder. Da ist es kein Wunder, dass die MitarbeiterInnen mehr und mehr an den Rand ihrer Belastungsgrenzen kommen. Reizüberflutung, Zeitmangel, Termindruck, ständige Erreichbarkeit, Konflikte, Mobbing, die eigenen Antreiber …. die Liste unserer Stressoren lässt sich beliebig verlängern. Stress entsteht dann, wenn wir glauben, unseren Aufgaben nicht gewachsen zu sein. Das körperliche Muster, das dahintersteht, ist ein uraltes Überlebensmuster. Unser Organismus ist während der Stressreaktion zu körperlichen Höchstleitungen fähig. Wir werden mit Energie und Kraft versorgt, um zu kämpfen oder um weglaufen zu können (fight or flight). In den früheren Jahren der Menschheitsgeschichte war das für uns überlebenswichtig. Heute ist es so, dass unser Gehirn und unser Körper immer noch nach genau dem gleichen Muster funktionieren; allerdings sind unsere Stressoren nicht mehr dieselben.

Die Herausforderung sind nicht einzelne Stressoren, sondern die Tatsache, dass verschiedene Belastungssituationen zeitgleich und oft über einen längeren Zeitraum auftreten. So schaffen wir es zwischendurch nicht mehr, wieder zur Ruhe zu kommen und uns zu regenerieren. Unser Körper befindet sich dadurch in einer permanenten Alarmbereitschaft. Unser biologisches Gleichgewicht wird auf den Kopf gestellt, es kommt zur Schwächung des Immunsystems, zu Bluthochdruck und Arterienverkalkung aber auch zu Veränderungen in unserem Gefühlszentrum (Angst, Selbstzweifel) oder auch zu Veränderungen im Gehirn (z.B. Abbau von Nervenzellen). Die Folge davon ist, dass wir mehr Fehler machen und die Stressspirale von vorne beginnt."

Auf welche Warnsignale sollte man achten?

"Unser Körper spiegelt uns wider, wenn es zu viel ist. Leider haben wir verlernt, auf diese Warnsignale zu hören. Erste Reaktionen spüren wir am leichtesten auf der Körperebene: Herzrasen, innere Unruhe, Fingertrommeln, Fußwippen, Zucken, Erschöpfung, Schlafschwierigkeiten, Spannungskopfschmerzen, Magenprobleme oder Verhärtungen im Schulter-Nacken Bereich können erste spürbare Anzeichen sein. Aber auch die Gedanken- und Gefühlsebene ist ein Indikator für  primäre Stressreaktionen, wie Gedankenspiralen, Fokussierung auf Probleme oder bestimmte Themen, alles Infragestellen, Angst, Gereiztheit, Wut, fehlendes Selbstwertgefühl, Konzentrationsschwäche etc."

Was sind die Folgen von zu viel Stress am Arbeitsplatz?

"Die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz geht davon aus, dass europaweit rund 60% aller Fehlzeiten auf beruflichen Stress zurückgeführt werden können. Stress ist Mitverursacher der häufigsten und teuersten Erkrankungen in Deutschland. Menschen reagieren unterschiedlich auf Stress. Die nachfolgenden Beschwerden auf körperlicher und psychischer Ebene lassen sich oft auf Stress zurückführen: Bluthochdruck, Herzrasen, Schwindelgefühl, Übelkeit, chronische Verdauungsprobleme, Diabetes, ein geschwächtes Immunsystem, verspannte Muskulatur, Tinnitus, Nervosität, Konzentrationsprobleme, Panikattacken, Burn-out-Syndrom bis hin zu Depressionen."

Welche Rolle spielt Achtsamkeit in diesem Zusammenhang?

"Achtsamkeit fokussiert unsere Aufmerksamkeit auf das, was gerade eben, also jetzt im Augenblick ist. Achtsamkeit hilft uns dabei, erste Anzeichen von Stress wahrzunehmen und unser Frühwarnsystem auszubilden. Mit regelmäßigem Üben schärfen wir unsere Sinne, spüren wieder unsere Grenzen und können schneller reagieren. Achtsamkeit verhilft uns zu einem besseren Körpergefühl. Ein weiteres Ziel der Achtsamkeit ist, das gerade Erlebte mit wohlwollender Akzeptanz wahrzunehmen, ohne es zu bewerten oder zu analysieren. Akzeptanz führt dazu, einen aussichtslosen und zum Scheitern verurteilten Kampf gegen Unveränderbares zu beenden oder ihn erst gar nicht zu führen. Wir werden also wieder „Herr/Frau der Lage“ und können eigenverantwortlich entscheiden. Achtsames und konzentriertes Beobachten und Benennen eines Handlungsimpulses, ohne ihm nachzugeben, ist unterstützend und verhindert automatische Reaktionen. Es entsteht Raum für eine der Situation angemessene und zielführende Reaktion. Mit der Zeit schaffen wir es dadurch, der ein oder anderen tiefsitzenden Gewohnheit nicht mehr nachzugehen und neue Handlungsoptionen zu erlernen."

Katja, was glaubst du, warum ist Achtsamkeit in der Arbeitswelt so wichtig wie noch nie?

"Viele Studien haben die Wirksamkeit von Achtsamkeit belegt. Achtsamkeit steigert die Konzentration, weckt positive Gefühle, fördert die Selbstakzeptanz, senkt Stress, ist gut für soziale Beziehungen, lässt uns besser schlafen, lindert Schmerzen und depressive Stimmungen, stärkt das Immunsystem, steigert unsere Gedächtnisleistung und lässt das Angstzentrum schrumpfen. Achtsamkeit im Arbeitsalltag trägt dazu bei, mit einem emotional fordernden Beruf besser umzugehen, emotionaler Erschöpfung vorzubeugen und die Arbeitszufriedenheit zu erhöhen."

Kannst du uns fünf einfache Tipps geben, wie jeder Achtsamkeit in seinen Arbeitsalltag integrieren kann?

  • "Am wichtigsten ist es (gerade in stressigen und herausfordernden Situationen), genügend Pausen zu machen.  Ein kurzer Gang um den Block, jegliche Form von Entspannungstechnik, eine Tasse Kaffee/Tee oder ein gutes Gespräch mit einem netten Kollegen, all dies aktiviert den Parasympathikus – unseren Ruhe-Nerv und sorgt damit für Erholung und Entspannung. Leider sind es oft die notwendigen Pausen, die wir in stressigen Situationen als erstes streichen. Wir glauben, dass es ja auch ohne ganz gut geht - mit manchmal fatalen Folgen.
  • Die einfachste Achtsamkeitsübung ist es, den Atem zu beobachten. Dabei nimmt man wahr, wie der Atem kommt und geht … einatmen und ausatmen. Schweift man in Gedanken ab, fokussiert man sich wieder auf die Atmung. Diese Übung (mit geschlossenen Augen durchgeführt) stärkt die Wahrnehmung und kann helfen, sich in einer als stressig wahrgenommenen Situation zu beruhigen und sich im Hier und Jetzt zu verankern.
  • Bei der Körperreise handelt es sich um eine Wahrnehmungsübung, bei der die Konzentration auf das gerichtet wird, was im Köper passiert. Man versucht wahrzunehmen, wie man sitzt, wie der Kontakt zum Boden ist, wie die Füße sich dabei anfühlen usw. Eine Körperreise kann helfen, in Stresssituationen auf andere Gedanken zu kommen.
  • Seine Umgebung mit allen Sinnen wahrzunehmen, ist Zweck der Übung 5-4-3-2-1. Einer Stresssituation wird mit gezielter Sensibilisierung begegnet, was zur Ablenkung führt. In einer bestimmten Reihenfolge wird ein innerer Dialog zu verschiedenen Wahrnehmungen geführt: 5 Dinge, die ich sehe; 4 Dinge, die ich höre; 3 Dinge, die ich fühle; 2 Dinge, die ich rieche; 1 Ding, das ich schmecke.
  • Eine weitere Möglichkeit ist die das Klopfen des Vagus-Nervs. Dieser durchzieht den ganzen Körper und ist Teil des vegetativen Nervensystems. Hinter dem Brustbein hat er ein weit verzweigtes Gebiet, das besonders gut für eine Vagus-Stimulation geeignet ist. Leichtes Klopfen auf den Brustkorb führt schon nach etwa 30 Sekunden zu einer spürbar tieferen Atmung - das Erholungssystem schaltet sich ein. So entsteht ein Resilienzeffekt und die Stimmung hellt sich deutlich und anhaltend auf."

Du arbeitest als Coach - was bedeutet dir die Arbeit mit Menschen?

Leben bedeutet Veränderung. Es ist ein Geschenk zu wissen, wer man ist und neugierig darauf sein zu können, wer man denn noch sein könnte. Mir ist es wichtig, den Menschen als Persönlichkeit mit all seinen Ressourcen zu sehen und seine Potenziale zu fördern. Ich glaube fest daran, dass in jedem Menschen ein wundervoller Kern steckt, mit ausgeprägten Stärken und Bedürfnissen. Als systemische Beraterin und Coachin unterstütze ich meine Kunden dabei, diesen Kern gezielt an klaren Zielen ausgerichtet zu stärken und weiterzuentwickeln. Die Lösung dazu tragen wir alle bereits in uns.

Was ist deine Arbeitsphilosophie?

"Ich arbeite systemisch, ganzheitlich, zielorientiert, einfühlsam, respektvoll und herausfordernd. Dabei liegt mein Fokus auf Klarheit & Struktur (Was ist mein Ziel und wie kann ich es Schritt für Schritt erreichen?), Werten & Kompetenzen (Was sind meine Werte, welche Kompetenzen habe ich im Leben bereits entwickelt und wie werde ich beides zukünftig zielführend einsetzen?), Achtsamkeit & Balance (Wie bringe ich Gedanken, Emotionen und Körpergefühle in Einklang?)"

Abschließend, was ist dein Lebensmotto und wo tankst du selbst Kraft?

"Am liebsten bin ich draußen in der Natur. Hier kann ich mich am schnellsten erholen und neue Kraft tanken. Hier kann ich mich auf mich selbst konzentrieren, mein eigenes Handeln reflektieren und neue Handlungsoptionen generieren. In einem natürlichen Umfeld habe ich am einfachsten die Möglichkeit, mich zu spüren und einen Zugang zu mir selbst zu bekommen.  Mein Lebensmotto »Whether you think you can or think you can’t, you’re right. « Henry Ford"

 

Katja Sima | beraten - coachen - entwickeln | https://www.coaching-im-wuermtal.de/ 

 

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